Biographie

Als Quelle für diese chronologische Auflistung wichtiger Lebensereignisse diente Erich Fried. Ein Leben in Bildern und Geschichten. Hrsg. von Catherine Fried-Boswell und Volker Kaukoreit, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1996.
Die Erscheinungsdaten der Werke Erich Frieds werden hier nicht im Detail angeführt, Daten dazu sind unter Werke zu finden. Auch wird aus Platzgründen nicht jede Uraufführung der von Fried übersetzten Theaterstücke erwähnt.

bis 1950

1921 6. Mai: Erich Fried wird als einziges Kind des Spediteurs Hugo Fried und der Grafikerin Nellie Fried (geb. Stein) in Wien geboren
1926 „Wunderkinderzeit“: Auftritte mit einer Kinderschauspielgruppe auf verschiedenen Bühnen Wiens und Umgebung (bis 1927)
1937 Der 16jährige Gymnasiast beschäftigt sich mit „Erfindungen“, wobei es ihm gelingt, ein Verfahren zur Glühlampenherstellung patentreif zu machen
1938 Gründung einer Widerstandsgruppe nach der Besetzung Österreichs durch die Deutschen am 12. März

24. April: Verhaftung der Eltern wegen „Vorbereitung zur Devisenverschiebung ins Ausland“

24. Mai: Hugo Fried stirbt an den Folgen der Gestapo-Verhöre

4. August: Flucht über Belgien nach England

1939 Anstellung beim „Jewish Refugee Committee“Gründung der Selbsthilfegruppe „Emigrantenjugend“
1940 Erste Gedichte in Exilzeitschriften
1941 Oktober: Die österreichische Exil-Bühne „Laterndl“ führt Frieds Einakter Ring-Rund auf
1943 Tod der Großmutter Malvine im KZ AuschwitzFrieds Dichterfreund Hans Schmeier begeht Selbstmord im Londoner ExilAustritt aus dem kommunistischen Jugendverband Österreichs
1944 14. Januar: Erste Ehe mit Maria Marburg31. Mai: Geburt des Sohnes Hans
1945 Mitarbeit an dem vom englischen Central Office of Information herausgegeben Magazin „Neue Auslese“ (bis 1949) und ab 1946 auch an „Blick in die Welt“
1946 Arbeit am Roman Ein Soldat und ein Mädchen
Trennung von Maria Marburg (Scheidung 1952)
1947 Initiative von Fried für Zusammenschluss einiger jüdischer Exil-Schriftsteller
1949 Redakteur der Zeitschrift „Blick in die Welt“ (bis 1950)

50er Jahre

1950 Regelmäßige freie Mitarbeit beim „German Service“ der BBC
1952 Festanstellung beim BBC als „Programme Assistant“
17. Oktober: Zweite Ehe mit Nan Spence-Eichner
1953 Reise nach Berlin (erster Besuch der europäischen Festlandes nach 1938)
1954 10. März: Deutschsprachige Erstsendung des Hörspielfassung von Dylan Thomas‘ Under Milk Wood in der Übersetzung von Fried beim BBC (am 20.September beim NWDR)
1955 Mitarbeit an der Zeitschrift „Texte und Zeichen“ (bis 1957)
1956 22. Dezember: Schiller-Theater Berlin: Premiere von Unter dem Milchwald von Dylan Thomas in Frieds Übersetzung
1958 4. August: Geburt des Sohnes David

60er Jahre

1960 der Roman Ein Soldat und ein Mädchen erscheint
1961 16. Mai: Geburt der Tochter Katherine
1962 Nan Fried verlässt ihren Ehemann (Scheidung 1965)
April: Erste (offizielle) Wiederbegegnung mit Wien seit der Flucht
1963 9. Mai: erste Aufführung einer Shakespeare-Übersetzung Frieds (Ein Sommernachtstraum in Bremen)Oktober: Erste Lesung vor der „Gruppe 47“ auf deren 25. Tagung in Saulgau bei Ulm
1964 September: Teilnahme an der 26. Tagung der „Gruppe 47“ in Sigtuna/Schweden
1965 10. August: Heirat mit Catherine Boswell
28. Oktober: Geburt der Tochter PetraNovember: Teilnahme an der 27. Tagung der „Gruppe 47“ in Berlin-Wannsee13. November: Verleihung der Fördergabe des „Schiller-Gedächtnispreises“ des Landes Baden-Württemberg im Stuttgarter Neuen Schloss

Dezember: Mitunterzeichnung der „Erklärung über den Krieg in Vietnam“ (in „konkret“)

1966 April: Teilnahme an der 28. Tagung der „Gruppe 47“ in Princeton, USA.
1967 Erscheinen des Gedichtbands Anfechtungen mit dem bald heftig umstrittenen Gedicht Höre, Israel gegen die Politik Israels im Sechstagekrieg
5. März: Hamburgische Staatsoper: Uraufführung des von Alexander Goehr vertonten Fried-Librettos Arden muss sterben. Nach der Vorstellung großer Applaus (über 30 Vorhänge). Einige Zuschauer, die sich politisch provoziert fühlen, reagieren mit scharfen Protestrufen.
April: Reise nach Polen, Besuch des KZs Auschwitz-Birkenau. Ins Besucherbuch der Gedenkstätte notiert Fried am 17.4.: „Ich habe gesehen, was ich gewusst habe – und noch mehr. Ich werde es nicht vergessen und ich werde helfen, dass es nicht vergessen wird.“Oktober: Teilnahme an der 29. und letzten Tagung der „Gruppe 47“ im Landgasthof „Pulvermühle“ (Oberfranken)
1968 Januar: Entschluss, die BBC-Tätigkeit aufzugeben17./18. Februar: Teilnahme am „Vietnam-Kongress“ in der TU Berlin und an der abschließenden Großdemonstration
1968 11. April: Attentat auf Rudi DutschkeMai: Kundgebung gegen die Notstandsgesetze im Bonner Hofgarten. Teilnehmer u.a.: Heinrich Böll, Erich Fried, Prof. Ridder, der SDS-Vorsitzende K.D. WolffDezember: Gretchen Dutschke wohnt vorübergehend in Frieds Londoner Wohnung. Mit Frieds Unterstützung gelingt es, Rudi Dutschke eine Einreisegenehmigung nach GB zu verschaffen
1969 nach zahlreichen Umzügen seit seiner Ankunft in London bezieht Erich Fried das Haus 22 Dartmouth Road, in dem er bis zu seinem Tod wohnt21. September: Geburt der Zwillinge Klaus und Tom

70er Jahre

1970 Teilnahme am Wiener Alternativfestival „Arena 70“
1971 Teilnahme am Festival „Poetry International“ in Rotterdam
Januar: Protest gegen die Ausweisung Rudi Dutschkes aus GB
1973 22. März: Übergabe des „Würdigungspreises für Literatur 1972“ im Palais Palffy in WienOktober: Teilnahme am „Literatursymposion 1973“ zum Thema „Zweifel an der Sprache“ in Graz. Erich Fried trägt den Zyklus Zweifel an der Sprache vor.
1974 Mitgliedschaft im P.E.N. Bundesrepublik Deutschland24. Januar: Prozess in Hamburg wegen angeblicher Beleidigung der Berliner Polizei in einem Leserbrief an den „Spiegel“ – Freispruch.Februar: Sachverständiger im Berliner Beleidigungsprozess gegen Klaus Wagenbach. Freispruch, aber Verurteilung in zweiter Instanz.
1976 Mai: Teilnahme an den Frankfurter „Römerberggesprächen“ zum Thema „Literatur – Opium ohne Volk“. Fried hält die Rede Literatur und Politik.15. Mai: Beisetzung von Ulrike Meinhof in Berlin. Verlesung eines Telegramms von Fried, der, obwohl kein Anhänger der „RAF“, Ulrike Meinhof als „größte deutsche Frau seit Rosa Luxemburg“ bezeichnet.
1977 Januar: Lehrauftrag an der Universität Gießen16. Februar: NDR-Rundfunkrezension des „Weißbuch zur Rettung der Sprache“ (München 1976)28. März: Öffentlicher Protest gegen die behördliche Verfolgung des Hamburger Rechtanwalts und Verteidigers im Stammheim-Prozeß Kurt Groenewold. An der Hamburger Universität hält Fried die Rede Der Fall Kurt Groenewold und die BRD.

13. Mai: „Die Zeit“ und die „FAZ“ greifen Frieds Gedicht Auf den Tod des Generalbundesanwaltes Siegfried Buback an, der am 7. April ermordet wurde.

Juni: Rede zum 10. Jahrestag der Ermordung Benno Ohnesorgs auf einer Demonstration in Berlin

14. Juli: Im Kieler Landtag kritisiert MP Stoltenberg scharf die linkstendenziöse Haltung des NDRs und nennt als Beispiel die „Weißbuch“-Rezension Frieds, „dessen skandalöses Gedicht nach der Ermordung Bubacks in der demokratischen Öffentlichkeit nur Verachtung gefunden hat“.

Oktober: Die CDU legt eine „Dokumentation“ über Zitate zum Terrorismus vor, deren Kapitel „Agitation gegen den freiheitlichen Rechtsstaat“ auch Zitate von Fried enthält.

12. Oktober: Verleihung des „Internationalen Verlegerpreises der Sieben“ auf der Frankfurter Buchmesse.

3. November: Missbilligungsantrag der CDU in der Bremer Bürgerschaft gegen Fried-Gedichte im Schulunterricht. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion Bernd Neumann erklärte: „…so etwas würde ich lieber verbrannt sehen…“!

28. November: Schreiben des bayrischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultur an einen Dortmunder Schulbuchverlag. Für die erneute Zulassung eines Deutsch-Lesebuchs in Bayern wird die Herausnahme bzw. Ersetzung von Texten Erich Frieds, Günter Wallraffs, Wolf Biermanns und Hubert Fichtes gefordert.

1978 Januar: Teilnahme am „Vierten Literaturgespräch“ in Bremen zum Thema „Gewalt als Provokation der Literatur“
29. Dezember: Festveranstaltung zum 70. Geburtstag von Helmut Gollwitzer in der FU Berlin. Fried hält die Rede „Wie sah der antifaschistische Kampf aus und wie sollte er heute aussehen“.
1979 es erscheinen die Liebesgedichte
12. Januar: Münsteraner Diskussionsveranstaltung, Frieds Rede Über die Relevanz von Schriftstellern.Juni: Teilnahme am „Primo festival internazionale dei poeti“ (Rom/Castelporziano)

80er Jahre

1980 Januar: Teilnahme an der Beerdigung Rudi Dutschkes in BerlinApril: Teilnahme am 3. Österreich-Gespräch über Literatur „Vom Schreiben und vom Lesen“ in Wien. Vortrag: Zur Österreichischen Literatur seit 1945.Mai: Teilnahme an den 7. Römerberggesprächen“ in Frankfurt/M.

September: Verleihung des „Preises der Stadt Wien für Literatur“

1981 6. März: Teilnahme am „Ersten Österreichischen Schriftstellerkongress“. Vortrag: Die Freiheit zu sehen, wo man bleibt.Dezember: Teilnahme an der Ost-Berliner „Begegnung zur Friedenförderung“
1982 Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft, Fried behält zugleich die britische Staatsbürgerschaft, die er seit Oktober 1949 hatMärz: Erste Krebsoperation in London, einige Monate Krankenhausaufenthalt6. Juni: Tod der Mutter Nellie Fried

25. September: Rede auf der Abschlusskundgebung der Demonstration „Israelis raus aus dem Libanon“ in Bonn

Dezember: Teilnahme am 7. Internationalen Autorenseminar der Alten Schmiede in Wien „Über Erich Fried“

1983 26. Januar: Verleihung des „Bremer Literaturpreises“. Rede: Ich soll mich nicht gewöhnen.Mai: Teilnahme am Symposium „Literatur und Macht“ an der Wiener Uni. Vortrag: Was soll und kann Literatur verändern?Teilnahme an den Frankfurter „Römerberggesprächen“. Rede: Warum und zu welchem Zweck betreiben wir Kulturzerstörung?
1984 März: Diskussion mit Offiziersanwärtern des österreichischen BundesheeresOktober: Lesereise durch Österreich26. Oktober: Rede zum Österreichischen Nationalfeiertag im Wiener Volkstheater, Einige Worte zu Österreichs kultureller Eigenart
1985 April: Dozentur an der „Deutschen Sommeruniversität“ (Toscana)23. April: gemeinsamer Vortrag mit Erwin Ringel zum Thema: „Der Beitrag der Tiefenpsychologie und der Dichtung zum Frieden“ in WienJuli: zweite Krebsoperation in London, Krankenhausaufenthalt bis September

Oktober: Fried erhält das „Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien“

18. November: Teilnahme am Wiener Symposium „Literatur und Öffentlichkeit“. Rede: Veröffentlichungen und Verheimlichungen.

Dezember: Öffentlicher Streit um die Vergabe des „Großen Österreichischen Staatspreises“

1986 April: Lesereise durch die DDR29. April: der neu eingerichtete „Österreichische Staatspreis für Verdienste um die österreichische Kultur im Ausland“ wird an Fried übergeben. Zahlreiche Reden bekannter Literaten.Mai: Ausstellungseröffnung „Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich“ in Salzburg, Fried hält eine ebenso betitelte Rede

27. Juni: Erneute Teilnahme am Festival „Poetry International“ in Rotterdam.

Oktober: korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (Darmstadt)

30. November: Lesung Wider die offizielle Lesart im deutschen Theater (Berlin/DDR)

14. Dezember: Verleihung der „Carl-von-Ossietzky“-Medaille in Berlin

1987 Verleihung des „Goldenen Schlüssels der Stadt Smederevo“ (Jugoslawien)März: Lesereise durch die DDR13.September: Eröffnungsrede beim Internationalen Brucknerfest in Linz

17.Oktober: Festakt im Darmstädter Staatstheater anlässlich der Verleihung des „Georg-Büchner-Preises“. Laudatio: Herbert Heckmann. Frieds Dankesrede wird mit großem Beifall wie auch mit Pfiffen und Buh-Rufen bedacht. Anschließend kommt es zum Eklat, als OB Metzger u.a. von „doppelter Moral“ spricht und sinngemäß erklärt, Fried hätte aufgrund seiner überzogenen Kritik an der BRD den staatlich geförderten Preis nicht annehmen dürfen, woraufhin der Preisträger und ein Großteil der Gäste den Saal verlassen, nach Intervention Heckmanns aber zurückkehren.

19. Dezember: Als Vorjahrespreisträger hält Fried die Laudatio auf die Mutlanger Richter, denen die „Carl-von-Ossietzky“-Medaille in Berlin verliehen wird.

1988 Januar: Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Osnabrück (Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft)26. Januar: Festvortrag Übersetzen oder Nachdichten? anlässlich der Eröffnung des Studiengangs Literaturübersetzen an der Uni DüsseldorfAugust: NRW-Kultusminister Schwier (SPD) verteidigt Frieds Gedicht Wo liegt Nicaragua, das die NRW-CDU an den NRW-Schulen verbieten will.

16. Oktober: Lesung im überfüllten Deutschen Theater in Berlin/DDR. Anschließend Premiere eines Filmportraits Erich Frieds von Roland Steiner (DEFA)

3. November: Aufnahmen bei „1plus“, dem Kulturprogramm der ARD, für die Sendung „Pluspunkte“ zum Thema „Reichskristallnacht 1938“. Aus den Dreharbeiten heraus wird Fried in ein Krankenhaus in Baden-Baden eingeliefert.

4. November: Krebsoperation in Baden-Baden. Anschließend mehrere Tage im Koma.

22. November: Erich Fried stirbt.

9. Dezember: Trauerfeier und Beisetzung Erich Frieds auf dem Londoner Friedhof „Kensal Green“